Die Beherrschung des Metalls mit Hilfe der Element Feuer und Wasser regte die Phantasie des Volkes und der Dichter an. Der Umgang mit dem Feuer war faszinierend und furchterregend zugleich. Deshalb fühlten sich die Menschen schon immer vom Schmied angezogen. Mit Respekt und dem nötigen Sicherheitsabstand standen sie vor der Schmiede und warfen vorsichtige Blicke durch die halb geöffnete Tür in den düsteren Arbeitsraum, fasziniert von dem Mann im Hintergrund, der am offenen Feuer hantierte und mit kräftigen Schlägen das Eisen bearbeitete. Rußgeschwärzt waren die Wände und Decke der Werkstatt. Das vom Feuerschein der Esse gerötete Gesicht des Schmiedes leuchtete gespenstisch auf.
Einfache Gerätschaften aus Holz konnte nahezu jeder geschickte Landwirt selbst herstellen. Für alles, was mit Eisen zu tun hatte, waren die Bauern jedoch auf den Dorfschmied angewiesen. Hufbeschlag, Wagenbau und die Herstellung von Werkzeugen, Geräten und Waffen waren seine Domäne. Er fertigte Hacken und Äxte, die Beschläge für die Wagen, Pflüge und Eggen, er schmiedete Fenster- und Türbeschläge, machte Ofentüren und Ketten. Die gegenseitige Abhängigkeit und die zentrale Stellung für die ländliche Wirtschaft garantierte dem Schmied hohes gesellschaftliches Ansehen. Doch wer heute „zwei Eisen im Feuer hat“, oder „Pläne schmiedet“, denkt selten an den Ursprung dieser Redensarten: das Schmiedehandwerk, eines der ältesten Handwerke überhaupt.
Das Schlosserhandwerk ging als eines von vielen aus dem Schmiedehandwerk hervor. Wie der Name sagt, war er zunächst auf die Anfertigung von Schlössern spezialisiert. Dazu kamen Bänder, Beschläge, Gitter und Geländer. Obwohl immer wieder behördlich festgelegt wurde, welche Arbeiten der Schlosser und welche der Schmied ausführen durfte, kamen sich die beiden verwandten Handwerke häufig in die Quere. Auf dem Land, wo es kaum Schlosser gab, führte der Schmied grundsätzlich alle anfallenden Metallarbeiten aus.
Das Rohmaterial Eisen und Stahl wurde in Bühlertal lange Zeit von der örtlichen Eisenschmelze in Stangen verschiedener Stärke (Stabeisen, Zaineisen) bezogen. Als Brennstoff wurde bis zur Industralisierung die Holzkohle verwandt, die in den Hochlagen um Herrenwies verkohlt worden war. Steinkohle kam erst im 20. Jahr-hundert zur Anwendung. Zur Verarbeitung einer Tonne Schmiede-
eisen wurden etwa sechs Tonnen Holzkohle benötigt. In der Regel wurden nur gelernte Arbeitskräfte beschäftigt, als ungelernt wurden manchmal die Zuschläger eingestellt.
Durch die Mechanisierung in der Landwirtschaft kamen nach 1870 neben der Herstellung von Werkzeugen neue Aufgaben für den Schmied hinzu: Eisernen Eggen und Pflüge wurden ebenso repariert wie Buttermaschinen und Ofenrohre. Die Messer von Strohschneidern und Kaffeemühlen geschliffen und geschärft. Reparaturen eiserner Eimerbänder an Holzeimern wurden abgelöst durch das Löten und Ausbessern von Blecheimern. Vorwiegend waren es kleinere Arbeiten, die der Schmied erledigen musste. Der Schmied betrieb in der Regel nebenher eine Landwirtschaft, wobei die Ehefrau und die Kinder einen großen Teil dieser Arbeiten für den täglichen Lebensunterhalt übernahmen. Oftmals konnten seine Arbeitsleistungen in der Schmiede nie sofort bezahlt werden, weil die Kunden oft kein ständiges Bargeldeinkommen hatten. Die ausgeführten Arbeiten wurden angeschrieben. Deshalb war es üblich, dass jeder Hand-
werker ein Auftrags- und Anschreibebuch führte, oder dass, wie in der Geiserschmiede, eine Schiefertafel in der Werkstatt hing.
Im 19. Jahrhundert trat ein gemeinsamer Konkurrent aller Schmieden auf den Plan. Mit der Massenproduktion und der Technisierung setzte die Industrialisierung den Schmieden und Schlossern schwer zu. Hacken und Schaufeln, Nägel und Beschläge wurden in der Fabrik zahllos und billig hergestellt und beim Kaufmann um die Ecke verkauft.
Den einschneidendsten Wandel erlebte das Schmiedehandwerk nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Mechanisierung der Landwirtschaft und die allgemeine Motorisierung des Straßenverkehrs machten die Schmiede nach und nach überflüssig. Ganze Arbeitsfelder mussten im Laufe der Zeit aufgeben werden. Der Zulauf bei Reparaturen glich diesen Verlust nicht aus.
Die Zahl der Schmiedewerkstätten nahm in den 1960er Jahren rapide ab. Vielen gelang es, sich auf Landmaschinenhandel und Reparatur, den Bau von Lastwagenaufbauten und Anhängern oder die Bau-
schlosserei umzustellen. Die Schmiede Wessinger – in Bühlertal an der Zufahrt zum Wintersportgebiet gelegen – spezialisiert sich nebenbei gar auf den Handel mit Schneeketten. Mit dem Durchbruch des Werkstoffs Aluminium eröffneten sich neue Perspektiven und ein neues Berufsbild, nämlich das des „Metallbauer“ entstand.